> Startseite > Aktuelles> Zwei neue Leihgaben: Von Pfirsichen und genagelten Schuhen

Aktuelles

Aktuelles | De Gennaro, Enrico | 07.07.2025

Zwei neue Leihgaben: Von Pfirsichen und genagelten Schuhen

Vom lateinischen Wort „tegula“ kommt unser deutsches Lehnwort „Ziegel“. Diese „Tegulae“ bezeichneten in römischer Zeit Flachziegel von rechteckigem Format mit seitlich aufgesetzten Leisten, die zur Dachdeckung verwendet wurden.

Leihgabe Dauerausstellung Ziegel

Hergestellt wurden die Ziegel, indem man den Ton in eine rechteckige Form drückte und ein Streichbrett über die Oberseite zog. Im Anschluss legte man die Ziegel zum Lufttrocknen aus. Beim Brennvorgang wurde in den römischen Ziegelöfen bereits eine Qualität erreicht, die den heutigen Standards entspricht: Im Kernbereich der Öfen erzielte man Temperaturen von rund 900 bis mehr als 1000 Grad.

 

Leihgabe Dauerausstellung Ziegel

 

Wieder einmal ist es dem glücklichen Händchen von Uli Peter, seines Zeichens Ehrenamtlicher Beauftragter für Bodendenkmalpflege, zu verdanken, zwei spannende Funde getätigt zu haben – beide Male sind es römische Ziegelabdrücke, die er nun dem Römermuseum als Leihgaben zur Verfügung gestellt hat.

 

Leihgabe Dauerausstellung Ziegel

 

Das eine Fragment eines Leistenziegels zeigt den Abdruck eines Pfirsichkerns. Er war bei der Ziegelherstellung in das Material geraten und, sollte er noch im Brennofen vorhanden gewesen sein, ist er spätestens dort verbrannt. So blieb nur das deutliche Negativ übrig. Mit den heutigen Pfirsichen freilich hatte die römische Form rein größenmäßig wenig gemein: Die Länge des Güglinger Pfirsichkerns beträgt nur 1,9 cm – vielleicht am besten zu vergleichen mit der Steingröße bei heutigen Plattpfirsichen.

 

Leihgabe Dauerausstellung Ziegel

 

Der Pfirsich, ebenso die Pflaume und die Süßkirsche, sind erstmals ab römischer Zeit in Mitteleuropa nachweisbar und wurden systematisch angebaut. Vorher bekannt waren auch Apfel und Birne, sie wurden aber erst in römischer Zeit systematisch kultiviert: Die römische Erfindung der Veredelungstechnik ermöglichte den intensiven Anbau von Spalierobst.

 

Gerade das Vorkommen des Pfirsichs lässt Rückschlüsse auf klimatische Gegebenheiten zu, da er kälteempfindlich ist und sich im milden Klima wohlfühlt. In römischer Zeit herrschte ein Klimaoptimum vor, das die Landwirtschaft als wichtigsten Wirtschaftssektor enorm begünstigte. Es war ähnlich warm wie heute, jedoch deutlich feuchter.

 

Leihgabe Dauerausstellung Ziegel

 

Das zweite Ziegelfragment zeigt den Fußabdruck einer genagelten Schuhsohle: In regelmäßigen Abständen waren kleine Eisennägel mit halbkugeligen Köpfen an der Laufsohle des Schuhs angebracht, um seine Geländegängigkeit zu erhöhen. Charakteristisch sind solche genagelten Schuhsohlen hauptsächlich für Militärsandalen; in den Nordwestprovinzen trugen aber auch Zivilisten Schuhe mit benagelter Sohle. Aufgrund seiner Größe scheint es sich beim Güglinger Abdruck um ein Kind gehandelt zu haben, das über den noch feuchten, zum Trocknen ausgelegten Ziegel gelaufen ist.